Systematische Musikdidaktik hat zum Ziel die systematische Ausbildung musikbezogener Fähigkeiten: Gestalten, Interpretieren, Hören und Verbalisieren, Lesen von Notation und Verbalisieren, Verstehen und Urteilen. Die Ausbildung dieser musikalischen Fähigkeiten erfordert grundlegendes Wissen, welches in systematischer Weise bereitgestellt wird. Musik-Bildung meint insbesondere Orientierung in der Musikkultur, ein grober Überblick über die Vielfalt der Musik von der Renaissance bis ins 21. Jahrhundert am Ende der Klassenstufe 10 bei G8 oder der Klassenstufe 11 bei G9. Systematische Musikdidaktik vermittelt zunächst grundlegendes strukturelles und methodisches Wissen, sie fördert aber in erster Linie die Hörkompetenz in der Weise, dass es den Lernenden möglich ist, sich hörend in der Vielfalt der Musik zurecht zu finden und das Gehörte zu verstehen und zu beurteilen.
Der systematischen Musikdidaktik geht es um die Musik selbst, um den Erkenntnisgewinn aus der Musik. Dass die intensive Beschäftigung mit Musik in Form von jeglicher Art des Musizierens auch zur Förderung der Persönlichkeit (Differenzierung der Wahrnehmung, Förderung der Emotionalität und Kreativität, Aufbau von Sozialverhalten und Abbau aggressiven Verhaltens, Förderung kognitiver Aspekte) beiträgt, ist zwar ein sehr bedeutsamer Aspekt des Umgangs mit Musik, kann aber nicht das vordergründige Ziel einer Musik-Bildung sein.
Inhalte der systematischen Musikdidaktik sind Musikbeispiele aller Stilrichtungen und Gattungen in ihrem geschichtlichen und sozialen Umfeld. In den Klassenstufen 5 bis 7 steht die Elementarlehre im Mittelpunkt. Die Schüler lernen im Bereich Gestaltung Melodien zu komponieren, Begleitungen zu schreiben, Rhythmen zu variieren, Tonarten zu transponieren, Musik zu formen und vieles mehr. Jeder Schüler erlernt ein Unterrichtsinstrument und spielt im Klassenverband. Weiterhin wird systematisch das Hören der einzelnen musikalischen Kategorien geübt und das Gehörte verbalisiert. Ab der Mittelstufe geht es verstärkt um Verstehen und Urteilen. Größere Musikwerke, Gattungen oder Stilentwicklungen (Programmmusik, Rockmusik, Filmmusik, Jazz, Sinfonie etc.) sind die Themen, mit denen sich die Schüler hörend, gestaltend und interpretierend auseinandersetzen unter Berücksichtigung des sozialen Kontextes, in dem die Musik nur zu verstehen ist. Die Klassenstufe 10 bzw. 11 bietet allen Schülern eine Orientierung in der Musikgeschichte, wobei sich der Unterricht neben der Vermittlung einer Kenntnisstruktur auf das Erkennen und Ordnen der Musik über das Hören konzentriert. In der Kursstufe steht die Analyse ausgewählter Musikwerke und Stilentwicklungen und ebenso die Komposition und Interpretation von Musik im Mittelpunkt.
Grundlegendes methodisches Hilfsmittel ist die Erfahrung durch praktisches Lernen. Auf der Basis des notwendigen Wissens gestalten Schüler musikalische Sachverhalte. Das Wissen erhält in der Anwendung seinen Sinn. Ebenso spielen die Schüler ihre eigenen und fremden Kompositionen selbst. Nicht zuletzt machen die Schüler die Erfahrung, dass ein solides musikbezogenes Grundwissen und grundlegende Kompetenzen für das Hören, Verbalisieren und Urteilen sinnvoll sind.
Die Unterrichtsarbeit führt in den Klassenstufen 5 bis 7 am Ende des Schuljahres zu einem eineinhalb-stündigen Klassenkonzert, in dem alle Schüler gemeinsam mitwirken, als für den Schüler selbst und für Außenstehende einsehbarem Produkt des Lernens. In anderen Klassenstufen präsentieren die Schüler ihre Arbeitsergebnisse in unterschiedlichen Formen. Systematische Musikdidaktik ist eine Abkehr von den musikdidaktischen Tendenzen einer belanglosen Spaßdidaktik, die den Schülern thematisch beliebige Häppchen in einer konzeptionslosen Folge anbietet. Konzeptionen sind aber notwendig, da nur durch Systematik und systematisches Lernen die für den aktiven Umgang mit musikbezogener Kultur notwendigen Fähigkeiten angeeignet werden können, was ebenso für alle anderen Bereiche der Kultur gilt. Nur ein ernsthafter Unterricht wird einen Beitrag zur Wahrnehmung von Kultur als wichtigen Bestandteil jeder Gesellschaft leisten können. Er wird zur Erkenntnis beitragen, dass Kultur nicht nur aus Wegwerf-Spaßprodukten besteht, die man als Ware konsumiert, sondern auch einen durchaus interessanten Kommunikationsträger darstellt, den man entschlüsseln kann. Ebenso wichtig dürfte die Erkenntnis sein, dass es sehr viel Freude bereiten kann, einen Beitrag zum kulturellen Leben selbst zu gestalten, als nur zu konsumieren.